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Ostern in der russisch-orthodoxen Kirche

Ostern

das Fest der Auferstehung Jesu Christi – ist nach dem russisch-orthodoxen Kirchenkalender das bedeutendste Hohefest. In aller Welt begehen im Frühjahr die Christen das Osterfest, jedoch ist es in der russisch-orthodoxen Kirche in seinem Maßstab mit keinem anderen Fest zu vergleichen, auch nicht mit Weihnachten. Der Ostertag wechselt von Jahr zu Jahr, sein Datum wird vorher ausgerechnet. Auf das Osterfest bereitet sich die ganze Kirche gründlich vor. Im Gottesdienst beginnt etwa zweieinhalb Monate vor Ostern das Thema der Buße zu dominieren. Eine jede neue Woche ist immer tieferen Stufen in der Verbesserung des eigenen Herzens im Einklang mit den christlichen Geboten gewidmet. Ebenfalls beginnt vor Ostern die große Fastenzeit. Es ist in Russland üblich, beim Eintritt in diese Fastenzeit bei allen Menschen aus der näheren Umgebung um Vergebung zu bitten, aber auch selbst all das Böse zu vergeben, was einem andere Menschen angetan haben. Gleich am darauf folgenden Tag verschwindet aus den Gottesdiensten der Gesang. Ein großer Teil des Gottesdienstes wird nicht mehr gesungen, wie das gewöhnlich üblich ist, sondern er wird nur noch gelesen. Es verschwinden auch die mit Gold verzierten Kirchengewänder, die Geistlichen tragen nur noch aschgraue oder schwarze Gewänder. Außer an ausgewählten Tagen werden in den Kirchen nicht mehr Brot und Wein in Leib und Blut Christi verwandelt. Die Geistlichen büßen das Recht ein, Eheschließungen zu segnen. Aus der täglichen Ernährung verschwindet in der Fastenzeit nicht nur das Fleisch, sondern es verschwinden auch Eier, Milch und Fisch. In den strengen Klöstern des russischen Nordens verzichtet man sogar auf das Pflanzenöl. Die konzentrierte Aufmerksamkeit gilt der durch die Sünde verzerrten tiefen Innenwelt des Menschen, der aufrichtigen Buße und der Korrektur des eigenen Lebens, dem beharrlichen Beten um die Rückkehr der göttlichen Gnade, die verloren ging inmitten eines zerstreuten Lebens.

Es wird aufgerufen zur bescheidenen und ungeheuchelten Nächstenliebe. Das alles sind die Hauptmotive der Zeit vor Ostern. Eine Woche vor Ostern beginnt dann die Karwoche – die Erinnerung an Christi Festnahme, an seine Leiden und an sein erlösendes Opfer für die ganze Welt. Die angespannte Note der Buße in den Gottesdiensten wird nun von der feierlichen Erwartung der Auferstehung zu Ostern abgelöst. Am Vorabend des Festes besucht der Patriarch das Dreifaltigkeits-Sergios-Kloster. Seine große Glocke verkündet das Eintreffen des Oberhauptes der Russischen Kirche. Auf dem Platz und unter dem Gewölbe der Mariä-Entschlafens-Kathedrale nehmen die Bischöfe und anderen Geistlichen Aufstellung. Nachdem sich der Patriarch vor den heiligen Reliquien des Heiligen Mönchs Sergios verneigt hat, segnet er die Gläubigen und die Geistlichkeit und begibt sich nach Moskau, um dort den Gottesdienst in der Hauptkathedrale der Hauptstadt zu zelebrieren. Am Abend des Sonnabends legen die Geistlichen weiße Gewänder an. Der schwarze Samt in der Ausschmückung der Kirche wird nun von blutrotem Samt abgelöst, der aschfarbene Brokat durch purpurroten und goldenen Brokat. Zu Mitternacht versammeln sich in den Kirchen riesige Menschenmengen. In den Kirchen vollziehen die Geistlichen die heilige Handlung in einem kleinen Altarraum, der von der übrigen Kirche durch eine hohe  Ikonen-Wand (die Ikonostase) mit der heiligen Pforte getrennt ist.

Um Mitternacht dringt aus den Tiefen des Altarraumes, als käme es aus dem Sarg des Erlösers, Gesang – die Geistlichen beginnen das feierliche Oster-Troparion zu singen. Ebenso haben sicher die Schülerinnen Jesu Christi froh ihren auferstandenen Lehrer begrüßt. Dieser Gesang verstärkt sich, die Heilige Pforte öffnet sich, und aus dem Altar schreitet eine Prozession in blendend weißen Gewändern. Ein Geistlicher verkündet: „Christus ist auferstanden!“ Die Volksmenge wiederholt das, und dann beginnt die feierliche Prozession um die Kirche herum. Alle Worte des Gesanges werden immer wieder wiederholt – gerade so äußert ein beliebiger Mensch seine tiefe Freude, die von seinem ganzen Wesen Besitz ergriffen hat. Der Gottesdienst beginnt direkt unter freiem Himmel und wird dann im Gotteshaus abgeschlossen, wo eine kurze feierliche Eucharistie beginnt, nach der alle Gemeindemitglieder des Abendmahls teilhaftig werden. Die Glocken werden geläutet. Diese Nacht wird im Volk die Lichte, Heilige Nacht genannt. Das Osterfest leitet die Osterwoche – die lichte Woche – ein. Die heilige Pforte zum Altar bleibt Tag und Nacht geöffnet, was das geöffnete Reich des auferstandenen Herrn symbolisieren soll. An jedem Tag wird ein fast ebenso feierlicher Gottesdienst wie in der Nacht zu Ostern zelebriert. Nun werden auch wieder Eheschließungen gesegnet, in die tägliche Ernährung der Gläubigen kehren Fleisch und andere Lebensmittel wieder zurück, die man sich in der Fastenzeit versagt hatte. Jeden Tag flutet der Gottesdienst aus den Mauern des Gotteshauses auf die Straßen hinaus. Die Geistlichen und die einfachen Gläubigen bemühen sich, die Freude des Osterfestes selbst zu hoffnungslos kranken Patienten in den Krankenhäusern, aber auch zu Inhaftierten in die Gefängnisse zu tragen. Auf den Straßen um die Gotteshäuser werden Andachten abgehalten. Die Erde, das Wasser und die Luft werden gesegnet.

(Literatur – nach Material auf „ruvr.ru“)

Anmerkungen zu Ostern in der russisch-orthodoxen Kirche:

Jahr 2011:
Die Fastenzeit vor Ostern war vom 7. März bis 23. April, das Osterfest begann am 24. April.

Jahr 2012:
Die Fastenzeit vor Ostern war vom 27. Februar bis 14. April, das Osterfest begann am 15. April.

Jahr 2013:
Die Fastenzeit vor Ostern war vom 18. März bis 04. Mai, das Osterfest begann am 05. Mai.

Jahr 2014:
Die Fastenzeit vor Ostern war vom 3. März bis 19. April 2014, das Osterfest begann am 20. April.

Für die nächsten 3 Jahre macht der russisch-orthodoxe Kirchenkalender folgende Angaben:

Orthodoxe Ostern 2015, 12. April
Orthodoxe Ostern 2016, 01. Mai
Orthodoxe Ostern 2017, 16. April